»Mama, bitte lern Deutsch«
Unser Eingliederungsversuch in eine geschlossene Gesellschaft | Publikumspreisträger des Grimme-Online-Awards 2024 und des Blauen Panthers 2024
»Dieses Buch hilft mir, meine Mutter besser zu verstehen, und dir, Deutschland besser zu verstehen.«
Noch bevor Tahsim Durgun die Grundschule abschließt, muss er für seine Mutter die Abschiebebescheide entziffern, begleitet sie als Dolmetscher zu intimen Arztbesuchen und verliest Aldi-Kataloge am Fliesentisch. So wie Tahsim geht es vielen jungen Menschen mit Migrationsgeschichte, die früh Verantwortung für ihre Eltern übernehmen und gleichzeitig einen Platz finden müssen in einem oft feindseligen Land.
Schreiben sie die besten Noten, bekommen sie trotzdem nur eine Hauptschulempfehlung. Fahren ihre Mitschüler*innen in den Urlaub nach Thailand, dürfen sie Deutschland nicht verlassen, weil sie kein gültiges Reisedokument besitzen. Hilflosigkeit, Angst und Überforderung sind ihre stetigen Begleiter, Einfallsreichtum und Empathie ihr Handwerkszeug.
Mit messerscharfer Intelligenz, poetischer Sprachgewalt und zynischem Humor: Internet-Star Tahsim Durgun reflektiert die Lebenswirklichkeit der postmigrantischen Gesellschaft. Vor dem Hintergrund seiner eigenen Lebensgeschichte in einer kurdisch-deutschen Familie rechnet Tahsim ab mit der deutschen Bürokratie und zeigt gleichzeitig tiefen Respekt für seine Mutter und ihre Errungenschaften, die für die deutsche Gesellschaft immer unsichtbar bleiben werden.
Es gibt Bücher, die einen tief berühren und zum Nachdenken anregen. „Mama, bitte lern Deutsch“ ist eines dieser Bücher – ein emotionaler und gleichzeitig scharfsinniger Blick auf das Leben eines Migrakindes in Deutschland. Tahsim Durgun nimmt uns mit auf eine Reise durch seine Kindheit und Jugend als kurdischer Yezide, aufgewachsen in einer Gesellschaft, die ihn mit Vorurteilen und Ablehnung konfrontierte. Für mich war dieses Werk ein Jahreshighlight – ein Buch, das nicht nur berührt, sondern auch aufrüttelt.
Vom Lesen der Stromrechnung bis hin zum Arztbesuch, Tahsim musste früh Verantwortung übernehmen. Diese Anekdoten aus der Küche eines Migrakids sind mehr als nur Geschichten – sie sind Ausdruck der Doppelbelastung, die viele von uns jungen Menschen mit Migrationsgeschichte erfahren. Wir sind Zeugen eines Überlebenskampfes, der nicht nur in den äußeren Umständen, sondern auch in den Familienstrukturen eine Rolle spielt. Doch das Buch zeigt auch die Liebe und Frustration, die Tahsim zu seiner Mutter hegt, einer unglaublich starken Frau, die trotz der täglichen Demütigungen und Belächelungen durch die deutsche Gesellschaft nie aufgab. Diese Beziehung war das emotionale Zentrum des Buches und hat mich unfassbar berührt.
Die Erzählung geht weit über das persönliche Leben von Tahsim hinaus und beleuchtet das Leben von vielen Migrafamilien, die sich im deutschen System oft ausgeschlossen und marginalisiert fühlen. Er beschreibt, wie der Wunsch nach Integration und das Streben nach Erfolg in einer Gesellschaft, die einem ständig vermittelt, dass man nicht dazugehört, zu einer inneren Zerrissenheit führen kann.
„Na kuremin, dünya xirabe, insan xayine - nein, mein Sohn, die Welt ist einfach kaputt, die Menschen lügen.“
Tahsims Schreibstil ist einerseits scharfzüngig, humorvoll und gleichzeitig sehr einfühlsam. Er versteht es unfassbar gut, Themen wie Ausgrenzung, Rassismus und die Herausforderungen von Migrakids aufzugreifen, ohne in eine allzu ernste oder schwere Erzählweise zu verfallen. Die Sprache des Buches ist direkt, aber nicht ohne Witz und Sarkasmus. Die Idee, dass er in seinen Anekdoten die deutsche Sprache selbst auf eine humorvolle Weise betrachtet hat, mocht ich total gerne.
Das Buch ist eine Sammlung von Anekdoten, die Tahsim als Türöffner für größere Themen wie die Migrationserfahrung, Ausgrenzung und das Suchen nach einem Platz in einer Gesellschaft, die einem ständig sagt, dass man nicht dazugehört, nutzt. Die Geschichte seiner Mutter, die trotz ihrer eigenen Erfahrungen mit Ablehnung eine immense Stärke und Liebe an den Tag legt, war so herzergreifend. Die Erzählung von der Familie, die in einem Land lebt, das sie nie wirklich akzeptieren wollte, berührt und macht nachdenklich. Tahsims Erlebnisse haben mich auf eine ganz persönliche Weise berührt. Als jemand, der selbst in Deutschland aufgewachsen ist und mit einer anderen Herkunft zu kämpfen hatte, fand ich mich in vielen seiner Beschreibungen wieder. Besonders der Abschnitt, in dem er über das Überleben in Deutschland schreibt, hat mich so sehr berührt.
„Gefühle sind bei uns kein Tabuthema, aber wir waren damit beschäftigt, Deutschland zu überleben.“
Dieser Satz drückt ein Gefühl aus, das viele von uns kennen – das Gefühl, dass es immer noch nicht genug ist, in der Gesellschaft sichtbar zu sein, auch wenn man sich anstrengt. Das Buch zeigt, dass es nicht nur darum geht, in einer Gesellschaft zu überleben, sondern auch darum, sich seinen Platz darin zu erkämpfen, oft mit vielen Opfern.
Die Darstellung seiner Mama war mit das Bewegendste. Ihre Art, mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, bei all der Härte des Lebens, auch für die kleinen Momente der Heilung offen zu sein. Und das Bild, das sie von Tee als Mittel zur Seelenreinigung war so unfassbar schön. Die Erkenntnis, dass Schmerz keine Sprache kennt und von uns allen geteilt wird, kommt in Tahsims Erzählungen immer wieder durch.
„Manchmal, so denke ich heute, ist es egal, welche Sprache der Empfänger spricht, denn Schmerz folgt keiner Grammatik, Schmerz sprechen wir alle.“
Fazit: Dies ist ein Buch, das in keinem Bücherregal fehlen sollte. Es ist ein Spiegel der Gesellschaft und gleichzeitig ein Aufruf zu mehr Empathie, Verständnis und Akzeptanz. Mit einer Mischung aus Humor, Schärfe und Liebe bringt er uns dazu, über uns selbst und unsere Gesellschaft nachzudenken. Dieses Buch ist mehr als nur eine Erzählung, es ist ein Aufruf, die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen und den Schmerz und die Hoffnung derer zu sehen, die immer noch an der Peripherie leben. Absolutes Meisterwerk. ⭐⭐⭐⭐⭐
Danke an Knaur für dieses Rezensionsexemplar.
Ein humorvolles, gleichzeitig emotionales Buch, welches die Lebensgeschichte des Autors, die durch ein Migrationshintergrund geprägte ist, widerspiegelt. Mit Kritik an der deutschen Bürokratie, beschreibt er die Angst von Migranten, die sich in die deutsche Gesellschaft, zu integrieren versuchen, doch immer wieder auf Hindernisse stoßen. Das Buch hat auch in mir alte Erinnerungen geweckt, stellenweise sehr berührt. Danke dafür Tahsim.
Ein Buch über die harte Realität von Familien mit Migrationshintergrund
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Tahsim Durgun, der durch seine unterhaltsamen Tiktoks bekannt wurde, wurde zwar in Deutschland geboren und ist dort aufgewachsen, aber Deutschland war anfangs ganz anderer Meinung. Ein wichtiges Buch für alle, die den Alltagsrassismus nicht erleben und vor allem aber für diejenigen, die eine ähnliche Geschichte haben wie Tahsim.
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Schon seit einiger Zeit verfolge ich Tahsim auf Instagram und war dadurch super gespannt auf sein Buch. Es war genauso zynisch und gleichzeitig ernst, wie ich es mir erwartet habe. Auch wenn ich, als österreichische weiße Frau, nie alles zu 100 % nachfühlen werden kann, hat mir das Buch einige Themen und "Blinde Flecken" aufgezeigt, die ich noch nie so intensiv wahrgenommen habe. Ich hatte zu meiner Schulzeit einen kurdischen Freund, und ich konnte nie ganz seine familiären Strukturen nachvollziehen. Ich habe nicht verstanden, warum er oft zurückgesteckt hat, um für seine Mutter da zu sein, um zu übersetzen oder sie zu verschiedenen Terminen zu begleiten. Durch Tahsims Buch verstehe ich, dass auch ich ein Teil des Problems war, weil auch ich nicht versucht habe zu verstehen. Danke Tahsim, dieses Buch ist eines der wichtigsten und wertvollsten, die ich gelesen habe.
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