Nach der Machtergreifung ist in Ginsterburg Alltag eingekehrt. Lothar träumt vom Fliegen. Seine Mutter Merle misstraut der neuen Ordnung, kann aber nur ohnmächtig zusehen, wie sein Traum ihren Sohn in die Arme der Hitlerjugend treibt. Manche Einwohner der kleinen Stadt leiden, andere profitieren – und die meisten versuchen, sich irgendwie zu arrangieren. Doch der Krieg, an fernen Fronten geschlagen, ist bald auch in Ginsterburg zu spüren, in den erschütterten Beziehungen und Seelen der Menschen. Und über allem schwebt ein britischer Bomberpilot, der sich dem einstmals beschaulichen Städtchen unaufhaltsam nähert.
Ungekürzte Lesung mit Heikko Deutschmann
2 mp3-CDs | ca. 15 h 2 min
In der fiktiven deutschen Kleinstadt Ginsterburg gehen die Einwohner in den Jahren 1935 bis 1945 ihren Geschäften nach. Wie überall, gehen die Menschen unterschiedlich mit der Situation um. Während die einen sich arrangieren und versuchen, Vorteile daraus zu ziehen, gibt es auch Leute, die nicht mehr wagen, ihre Meinung zu äußern. Es ist Arno Frank gelungen, den gut vorstellbaren Mix an Protagonisten mit ihren unterschiedlichen Interessenlagen und Charakteren bildhaft und authentisch darzustellen, wobei bei der Menge an Personen nicht alle mit der gleichen Tiefe gezeichnet werden konnten. Dabei vergegenwärtigt er die historischen Geschehnisse mit all dem geschehenen Unrecht und der erlebten Ohnmacht und zeigt plastisch auf, was Krieg in einer autokratischen Zeit mit den Menschen machen kann.
Der Autor erzählt die Geschichte des Ortes und seiner Menschen in drei Etappen, so dass man deren Entwicklung gut nachvollziehen kann. Dabei ist keiner wirklich gut oder böse, alle machen schlimme Situationen durch und erfahren auch gute Momente. Beim Lesen fiel es manchmal schwer den Figuren wirklich zu folgen und mich in sie hineinzudenken. Auch werden nicht alle Schicksale zu Ende erzählt. Gut gefallen hat mir sein ruhiger und emphatischer Schreibstil, weil er einfach zu dem Geschehen passt und ohne Grausamkeiten auskommt. Diese erliest man sich eher zwischen den Zeilen.
Ginsterburg, eine kleine fiktive Stadt irgendwo in der Mitte des heutigen Deutschlands angesiedelt, deren Einwohner sich nach der Machtergreifung Hitlers mit den neuen politischen Gegebenheiten versuchen zu arrangieren. Anhand einer Vielzahl von Protagonisten werden Geschichten, Erzählungen, Briefe, Zeitungsartikel, Nachrichtendurchsagen, Anekdoten, Anekdötchen und manchmal auch nur Gedankenfetzen in, für mich, schwindelerregender Abfolge aneinandergereiht um die Jahre 1935,1940 und 1945 abzubilden. Dabei sind nicht alle Einwohner dieses kleinen, so typisch deutschen Städtchens zwischen den Weltkriegen, fiktiv. Einige sind real in der Person.
Ich muss ehrlicherweise gestehen, dass ich mich durch dieses Buch gequält habe. Die überbordende Anzahl von Protagonisten, die Vielzahl von Lebensausschnitten und die schnelle Abfolge in der Diese präsentiert werden, haben mich so manches Mal den Überblick verlieren lassen und doch kratzt alles nur an der Oberfläche. Vieles bleibt unausgesprochen, vage und schwammig. Zuviel und doch zu wenig. Zu keiner der beteiligten Personen kann man in irgendeiner Art eine Beziehung aufbauen. Sie bleiben fern, distanziert und Vergangenheit.
Ich habe lange überlegt wie ich dieses Lesegefühl treffend beschreiben kann, doch da kommt mir unerwartet der Autor zur Hilfe. Wie die Konversationen seines Protagonisten Eugen, ähnelt der Schreibstil des Autors eher an ungelenkes Schlendern als zielstrebiges Marschieren.
Da die heutige weltpolitische Lage doch frappierende Ähnlichkeiten zu den 20ziger und 30ziger Jahren des letzten Jahrhunderts aufweisen, habe ich mir mehr von diesem Buch erwartet.
Unerwartet, fast versteckt auf den letzten Seiten findet sich noch ein Hinweis auf den für mich schizophrenen Umgang mit der Vergangenheit, die auch so typisch deutsch ist. Wir verehren und ehren Menschen die Ungeheuerliches getan haben. Wann hört das auf? Diese fast nebensächliche Erwähnung ist mir der vierte Stern wert.
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