Wer ist schuld am Ersten Weltkrieg? Im Jahr 1918 wird die Frage immer drängender. Da erhält der Bestsellerautor Gustav Meyrink in seiner Villa am Starnberger See ein Angebot vom Auswärtigen Amt: Ob er - gegen gutes Honorar - bereit wäre, einen Roman zu schreiben, der den Freimaurern die Verantwortung für das Blutvergießen zuschiebt. Der ganz und gar unpatriotische Schriftsteller und Yogi kassiert den Vorschuss - und bringt sich damit in Teufels Küche.
Wer ist schuld am Ersten Weltkrieg? Im Jahr 1918 wird die Frage immer drängender. Da erhält der Bestsellerautor Gustav Meyrink in seiner Villa am Starnberger See ein Angebot vom Auswärtigen Amt, ob er – gegen gutes Honorar – bereit wäre, einen Roman zu schreiben, der den Freimaurern die Verantwortung für das Blutvergießen zuschiebt. Der ganz und gar unpatriotische Schriftsteller und Yogi kassiert den Vorschuss – und bringt sich damit in Teufels Küche....
Klingt nach Fiktion? Ja, das dachte ich am Anfang auch, aber der Roman von Christopher Poschenrieder aus dem Diongenes Verlag basiert auf wahren Begebenheiten. Den österreichischen Literaten Gustav Meyrink gab es wirklich und er bekam auch tatsächlich das Angebot vom Auswärtigen Amt.
Diese Geschichte erzählt der Autor äußerst detailgenau, unterhaltsam und auf beeindruckend plastische, den Leser einnehmende Weise. Sie geht den Gründen nach, warum der Schriftsteller die Arbeit annahm und dann wieder verschmähte.
Außerdem werden Einblicke in die damalige Politik gewährt und fundierte Geschichtskenntnisse rund um den Ersten Weltkrieg und die Entstehung der Räterepublik vermittelt. Atmosphärisch wird bei Poschenrieder Geschichte lebendig, ohne angestaubt zu wirken und animiert zur weiteren Recherche. Dabei besticht der Text, trotz des ernsten Themas, auch durch Humor, Saitiere, ironische Kommentare und funkelnden Pointen.
Amüsant ist auch das Mitverfolgen des „Schreibprozesses“ und die Auflockerung durch die Notizen. Die Charaktere sind vielfältig, aufwändig ausgearbeitet und herrlich klischeelose, plastische Figuren.
Auf wenigen Seiten wird eine komplexe in sich flüssige Romanhandlung ausgebreitet, die nie an Spannung verliert und den Leser in seinen Bann zieht.
Die besondere Erzählweise – der Wechsel zwischen Ich-Perspektive und den sogenannten Recherchenotizen, vermittelt mehr Autensität.
Dieser Roman ist ein unterschätztes Werk, das viel zu wenig besprochen wird. Es ist ein außergewöhnliches Kunstwerk der präzisen Formulierungskunst und stilistischer Eleganz. Er liefert einen authentischen Protagonisten und eine interessante sowie elektrisierende Geschichte. Klare Lese- und Weihnachtsgeschenkempfehlung.
Sehr gute Dialoge, voller Wortwitz, eine runde Sache
Birkatpet aus Wesseling am 10.04.2020
Bewertungsnummer: 1314114
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Mitten in einer Séance klopft es an Meyerink’s Türe, gerade als die Apothekerwitwe versucht herauszufinden, wo ihr Liebster den Pfandschein für den Schmuck versteckt hat. Wie so oft kommen die Apothekerrwitwe, ein Bankier, ein Fuhrunternehmer und ein Privatier bei dem Spiritisten Gustav Meyerink im ‘Haus zur letzten Laterne’ am Starnberger See zusammen um mit dem Jenseits Kontakt aufzunehmen,so auch an diesem Tag, was die Störung umso ärgerlicher macht. Vor Meyerink’s Türe steht ein Bote des Auswärtigen Amtes um ihm einen Brief zu überbringen und teilt ihm die Nachricht mit, er solle einen Roman schreiben und zwar darüber, wer am Ausbruch des andauernden Krieges die Schuld und Verantwortung trägt. Meyerink hat in der Vergangenheit bereits einige Romane und Geschichten veröffentlicht, alles phantastische Geschichten wie sein Bestseller ‘Der Golem’, die Realität ist ihm entweder zu langweilig oder zu grässlich, meist sowieso beides, weswegen er sich dieser als Schriftsteller nicht widmen mag. Außerdem, woher soll gerade er wissen, wer schuld ist am I. Weltkrieg?
Viele Wahlmöglichkeiten hat der gute Gustav Meyerink aber nicht, denn zu Papier hat er seit langem nichts mehr gebracht und das Haushaltsbuch spiegelt dieses Desaster wider. Da hilft es auch nicht stundenlang Yogaübungen zu machen. Er muss den Roman also schreiben, denn das Geld wird dringend benötigt. Meyerink nimmt den Auftrag an, erhält einen ordentlichen Vorschuss, womit sein Lebensstil mit Automobil und Segelboot erstmal gesichert ist und beschließt den Freimaurern die schuld am Krieg zu geben. Ein Propagandaroman ist jedoch unvereinbar mit seiner subjektiven Schriftstellerehre und so bleiben die Seiten leer, seinem Bleistift entweicht kein Buchstabe und er beginnt den Auftraggeber geschickt hinzuhalten. Natürlich ist ihm bewusst, dass diese Hinhaltetaktik nicht ewig gut geht, denn am Ende zählen Ergebnisse und leere Blätter dürften nicht ausreichend.
Hauptsächlich berichtet uns Gustav Meyerink als Ich-Erzähler, jedoch sind auch andere Meldungen enthalten, Recherchenotizen, die dem Roman eine gewisse Echtheit verleihen sollen, als hätte Meyerink diesen Roman tatsächlich verfassen sollen. Das Besondere an diesem Roman ist, dass der Autor Fiktion und Realität mischt, denn die Historie, Gustav Meyerink (geb. 19.01.1868 in Wien, gest. 04.01.1932 in Starnberg) und seinen Roman ‘Der Golem’ (1915) gibt bzw. gab es wirklich. Der Leser gerät in einen Strudel um das Dasein des Autors, seiner Geldsorgen, die Hürden und Stolperfallen in seinem Privatleben, die politischen Geschehnisse dieser Zeit in München (und weltweit) und vielem mehr. Durch die Vermischung von Fiktion und Tatsachen ist es ein geniales Verwirrspiel mit uns Lesern, welches ab ca. der Mitte einen wahren Sog entwickelt und irgendwann weiß man gar nicht mehr so recht, was erfunden und was wahr ist. Das Ende ist eine große Überraschung, die Dialoge wahnsinnig gut und voller Wortwitz, eine sehr runde Sache, unterhaltsam, besonders, amüsant und nicht alltäglich.
„Meyrink, schreiben sie mir einen Roman der die Schuldfrage des Kriegs klärt“.
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Der Autor Poschenrieder verknüpft in seiner Geschichte um den „ unsichtbaren Roman“ geschickt Fakten mit Fiktion.
Meyrink ist sich nicht sicher ob er diesen Roman schreiben möchte und auch kann.
Was wenn der Schuldige in den eigenen Reihen zu finden ist?
Deutschland, Österreich oder waren es gar die Freimaurer, die Juden oder die Friseure?
Meyrink ist Yogi, Ruderer, Okkultist ganz so wie es im passt.
Der Autor Poschenrieder zeigt den Autor Meyrink als aufgeklärten Mann von Welt trotz seiner engstirnigen Ansichten.
Der Roman wird mit „echter“ Korrespondenz aus dem Staatsarchiven zu „echtem“ Leben erweckt und trifft bei mir genau ins Schwarze.
Ausgezeichnet fand ich die Idee des Autor mit Kurt Eisner & Erich Mühsam zwei verbriefte Personen in die Geschichte einzubauen um dadurch auch die politischen Verhältnisse 1917 im Kontext darzustellen.
Bin ich bei Umberto Eco‘s Roman „ Friedhof in Prag“ noch über die Protokolle der Weisen gestrauchelt so fühle ich mich bei Poschenrieder gut aufgehoben und finde es am Schluss sehr bedauerlich das sich nicht mehr Seiten gefunden haben.
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