Sammelband mit über 700 Seiten unheimlichem Lesevergnügen
Stephen Kings Erzählband vereint 19 Short Storys und die Horrornovelle »Der Nebel«, die Vorlage für den gleichnamigen Kinofilm von Frank Darabont (Die Verurteilten, The Green Mile) . So unterschiedlich die Geschichten in diesem Band auf den ersten Blick erscheinen – sie alle demonstrieren, wie Stephen King es schafft, mit verborgenen menschlichen Ängsten zu spielen. Blut versammelt die drei Einzelbände Im Morgengrauen, Der Gesang der Toten und Der Fornit .
In der Kurzgeschichtensammlung Blut befinden sich viele Geschichten mit meiner Meinung nach schwankender Qualität. Manche haben mir enorm gut gefallen, bei anderen habe ich mich gefragt, was mir King damit jetzt sagen wollte. Besonders gut gefallen haben mir: Der Nebel, Der Affe, Der Jaunt, Omi und die Ballade von der flexiblen Kugel. Insgesamt allerdings eine eher mittelmäßige Sammlung.
Weitläufige Erzählungen, abstruse Shorts und böse Schocker
NiWa am 30.09.2023
Bewertungsnummer: 2033744
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
In „Blut“ befinden sich insgesamt neunzehn Kurzgeschichten, eine Novelle und zwei Gedichte von Stephen King.
Diesmal handelt es sich um ein facettenreiches Sammelsurium des Meisters, das sich nach einem eindringlich-amüsanten Vorwort vor dem Leser ausbreitet.
Gerade bei Sammlungen ist es schwierig, übergreifende Worte zu finden. Besonders dann, wenn die Motive der einzelnen Geschichten so verschieden sind.
Die Einleitung übernimmt Kings berühmte Novelle „Der Nebel“. Diese Geschichte mag ich sehr gern. Sie beginnt mit der Ruhe nach dem Sturm. Es wirkt unschuldig, die Gefahr scheint vorbei und genau dann, wenn niemand mit einer Bedrohung rechnet, greift das Grauen in die Realität ein.
Weniger gefallen hat mir „Hier seyen Tiger“. Abgesehen von der merkwürdigen Überschrift, fängt die Erzählung an und ist schon wieder vorbei. Auch „Kains Aufbegehren“ hat sich aufgebaut und war sofort zu Ende.
In „Der Affe“ kitzelt King die Urangst vor leblosen Gegenständen, wie zum Beispiel Puppen, hervor, nur, dass er sich eines Aufziehaffens bedient. Das bange Gefühl ist beängstigend gut erzählt.
„Nona“ ist eine Bonnie-und-Clyde-Story mit psychedelischen Ende: brutal, kurz und knackig. Inhaltlich hat sie mir gut gefallen.
Obwohl „Das Bildnis des Sensenmanns“ vom Titel her Schauerstimmung verspricht, war es eher eine Geschichte vom Spiegel am Dachboden, was kaum für Grusellaune sorgt.
„Mrs. Todds Abkürzung“ war eine komplexere Geschichte, bei der weit ausgeholt wird, bevor die erzählende Figur zum Punkt kommt. Hier mochte ich die Atmosphäre und King vermittelt durch die gewählte Perspektive das Gefühl, einer Schauergeschichte aus der Nachbarschaft zu lauschen.
Ähnlich holt er in „Der Hochzeitsempfang“ aus. Es handelt sich um eine Mafia-Geschichte, die zwar interessant zu lesen ist, aber mich nicht wirklich abgeholt hat. Auf mich hat sie wie ein nettes Beiwerk gewirkt, welches einen nicht aus den Socken reißt.
Auch bei „Der Mann, der niemand die Hand geben wollte“ wird weit ausgeholt. Den Einstieg fand ich etwas zäh, weil King relativ detailliert von einem Pokerspiel erzählt. Doch dann nimmt die Handlung eine bewegende Wendung und mündet in einen bizarren Schluss.
In „Die Ballade von der flexiblen Kugel“ bildet King den schleichenden Wahnsinn ab. Ein Rädchen treibt das andere an und man fragt sich letztendlich, was ist, wenn der Irre doch alle Sinne beisammen hat.
Science-Fiction-Elemente werden in „Der Jaunt“ in den Mittelpunkt gestellt. Diese Geschichte hat mir unheimlich gut gefallen. Einerseits spielt Stephen King mit technischen Entwicklungen und physikalischen Vorstellungen, die ich als atemberaubend empfinde, andrerseits hat er sich ein geniales Ende ausgedacht, was bei mir Entsetzen hervorgerufen hat.
Mit einem ebenso futuristischen Setting bekommt man es in „Dünenwelt“ zutun, die bei weitem nicht so einnehmend wie „Der Jaunt“ ist. Der Plot ist etwas sandig und versinkt um den Leser herum statt umgekehrt.
Richtig unheimlich ist „Das Floß“. Bei dieser Geschichte schlägt jugendliche Ausgelassenheit in eiskaltes Grauen um, aus dem es keinen Ausweg gibt. Es ist eine massiv verzweifelte Erzählung, die am Ende die Hoffnung fahren lässt.
„Der Textcomputer der Götter“ hat mich exzellent unterhalten. In den wenigen Seiten liegt meiner Meinung nach der Plot für einen dicken Schmöker. Es geht in erster Linie darum, dass man nie weiß, was welchem Zweck im Dasein erfüllt.
Leider hatte ich bei „Für Owen“ nur Obstsalat vor Augen. Aus der Geschichte bin ich nicht schlau geworden und habe sie als das merkwürdige Früchtchen dieses Sammelbands gesehen.
Dafür wird es in „Überlebenstyp“ fleischiger, worin ein Gestrandeter von seinem Werdegang als Arzt erzählt. Es ist eine extrem fesselnde Geschichte, in welcher Ekel und erstauntes Entsetzen zusammenfinden.
Ebenfalls kulinarisch interessant sind die „Morgenlieferungen“, welche vom Milchmann gebracht werden. Bei der Beschreibung der morgendlichen Idylle lässt man sich gerne entspannt im Lesesessel zurück und schreckt auf, als man begreift, wie der Tag enden wird.
In „Große Räder: Eine Geschichte aus dem Wäschereigeschäft“ geht es um saufende, rülpsende und furzende Männer, was eigentlich schon für sich genommen ein Horror-Spektakel ist. Meinen weiblichen Lesergeschmack hat King damit nicht getroffen, vor allem, weil am Ende viele Fragen offen sind.
Die Begegnung mit „Omi“ erzählt von Georg, der mit seiner kranken Großmutter allein zuhause ist und hat für stimmungsvolles Gruseln gesorgt. King schafft eine dichte Atmosphäre, sodass die Angst des Jungen direkt auf den Leser übergeht.
In „Onkel Ottos Lastwagen“ lässt Stephen Kings „Christine“ grüßen. Es handelt von einem alten Kauz und einen gefährlichen LKW, die beide Auge in Auge vor sich hin rosten. King beschreibt bildlich und einnehmend, was die Geschichte auf jeden Fall unterhaltsam macht.
Mit „Die Meerenge“ verneigt sich King vor dem Alter und dem Leben. Diese Erzählung setzt dem Sammelband ein perfektes Ende.
Obwohl mir nicht alle Geschichten gefallen haben und ich manchmal Fragezeichen in den Augen hatte - der Obstsalat „Für Owen“ - finde ich diese Sammlung insgesamt richtig gelungen und abwechslungsreich zusammengestellt. Ob weitläufig umsponnene Erzählungen, abstruse Shorts oder böse Schocker - bei „Blut“ ist wahrscheinlich für jeden Gusto etwas dabei.
Schon die erste der hier versammelten Storys, "Der Nebel" ist ein Leckerbissen. Eingeschlossen in einem Supermarkt kämpft eine kleine Gruppe ums überleben. Danach sollten Sie gleich "Das Floss" lesen. Jugendliche auf einem Floss gefangen erkennen ihren Untergang und ergeben sich.
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Wenn auch die Qualität der einzelnen Kurzgeschichten in diesem umfangreichen Sammelband schwanken mag, alles in allem betrachtet muss ich diesem fast 900 Seiten starken Buch vier von fünf möglichen Sternen geben und mich vor der unbegrenzten Phantasie des Meistererzählers Stephen King verbeugen. Wer seinen täglichen Grusel lieber in kleinen Mengen verabreicht bekommt, ist hier genau richtig. Und für Fans des Autors gilt sowieso: Pflichtkauf!
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