Brunos Vorgesetzten lässt ein Mordfall bis heute nicht los. Im Wald bei Saint-Denis hatte man die Leiche eines jungen Mannes gefunden, die nie identifiziert werden konnte. Bei einem Besuch im Prähistorischen Museum in Les Eyzies sieht Bruno, dass sich aus Knochenfunden rekonstruieren lässt, wie ein Mensch zu Lebzeiten aussah. Er schlägt vor, dieses Verfahren auch bei dem ungelösten Mordfall zu versuchen. Damit beginnt endlich die Suche nach dem Mörder.
Eine der Besonderheiten der Bruno-Reihe waren bisher der gewisse Abstand zu politischen Themen, die die Welt, aber nicht das Perigord bewegten, die Eigenarten der Bewohner, und ein Protagonist, der mit sich und seinem Umfeld zufrieden war.
Es war schon fast naive Kunst und das war auch das, was daran so faszinierte: kein Held, der wöchentlich auf irgendeiner Couch seine ungelöste Mutterbeziehung in Fötalstellung therapieren musste.
Daß das noch lange so bleibt, daran kann man nach diesem Band zweifeln. Die Handlung ist arg konstruiert, zwei recht simple Handlungsstränge werden sehr durchschaubar zusammengeführt und mit Waldbränden garniert, die wohl Spannung schaffen sollen und geradezu absurd mit mittelalterlichen Katapulten gelöscht werden. In dem Moment als man damit keine Plastiksäcke schmeissen wollte, weil das die "Grünen" nicht gut fänden, hätte ich es fast beiseite gelegt. Lieber die Dordogne abfackeln als Plastik in den Wald....alles klar. Ein Augenzwinkern war da nicht zu erkennen, der Autor meinte das wirklich.
Die Geschichte der "Rosenholzakten" aufzugreifen war keine gute Wahl und auch das ständige "DER ELYSEE !" wirkt irgendwie unglaubwürdig, nachdem man sich anfangs der Obrigkeit gar nicht so verbunden fühlte, sondern dieser sogar kritisch gegenüber stand. Die beschriebene Schädelrekonstruktion ist so ein alter Hut, daß es Bruno wie einen Hinterwäldler dastehen lässt...wie eben diese "Rosenholzakten" auch.
Die ausufernden, überdetaillierten Kochrezepte wirken auch mehr so, also wollte der Autor "Seiten machen" und auch die Eigenarten schleifen sich zu "grün-bourgeoisem" Mainstream ab. Inzwischen herrscht in St. Denis mehr naives Multikulti als in Paris, mittendrin Bruno, bei dem nur das Liebesleben unverändert wirr und ungelöst bleibt.
Ich habe das Gefühl, die Serie hat sich überholt und gebe ihr noch genau eine Chance mit Bruno 15.
Im 14. Fall ist Bruno, Chef de police, in einem Museum fasziniert von der Nachbildung eines Neandertalerschädels, dem die bekannte Bildhauerin Élisabeth Daynès ein Gesicht gegeben hat. Das bringt ihn auf die Idee, einen alten ungelösten Mordfall seines Freundes Jean-Jaques vielleicht doch noch aufzuklären. Mittels einer DNA-Analyse, die zum Zeitpunkt des Mordes noch nicht möglich war, finden sie schnell heraus, dass der Tote einen Sohn hatte, dessen Halbschwester ist inzwischen selbst Polizistin. Doch das bringt sie der Identität von »Oskar«, wie Jean-Jaques seinen Toten nennt, noch kein Stück näher.
Erst von der Freundin der Mutter erfahren sie von den Affären, die die beiden als junge Frauen auf einem Campingplatz bei Saint-Denis hatten. Doch eines Morgens waren beide Männer spurlos verschwunden. Einen von ihnen fand man ein Jahr später erschlagen und verwest in einem nahegelegenen Waldstück.
Die Ermittlungen führen ihn zurück in die Zeit des Kalten Krieges. Die von Frankreich begehrte »Rosenholz-Akte« taucht plötzlich wieder auf, eine Liste mit Tausenden von StasiagentInnen, die bereits in der Vergangenheit zu Spannungen zwischen den Geheimdiensten Frankreichs und der USA führten.
Doch damit nicht genug. Bruno wird Zeuge eines sexuellen Übergriffs durch einen Polizeibeamten. Leider ließ mich die Schilderung der Szene samt Fortgang etwas verwirrt zurück. Zudem macht sich im schönen Perigord der Klimawandel bemerkbar und Bruno muss die Feuerwehr unterstützen. Mittels einer unkonventionellen Idee, für die Bruno ja inzwischen bekannt ist, versucht er die Burg Castelnaud-la-Chapelle vor den Flammen zu schützen und wird unfreiwillig zum Helden.
Sein Bassett Balzac ist Vater geworden und seine ständige On-Off-Geliebte Isabelle hat auch wieder ihren Auftritt. Und wie gewohnt gehts viel ums Essen, Kochen und Weintrinken.
Wie man sieht, spart Walker auch diesmal nicht mit interessanten Themen. In einem Nachwort erklärt er uns, wie er auf die Idee dazu kam und was Fiktion bzw. Realität ist. War ich zunächst skeptisch, was die Stasiakten betraf, so muss ich sagen, dass mir diese Fakten doch gänzlich neu waren und Walker alles glaubhaft zusammengeführt hat. Um die forensische Gesichtsrekonstruktion geht es leider nur am Rande, aber das war in Ordnung.
Nun zu meinem Fazit. Das Buch ist wie immer lesenswert, denn Walker ist bekannt für seine tiefe und gründliche Recherche. Es bleibt wie gewohnt unblutig, Brunos freundschaftlichen Verbandelungen samt Kochsessions – diesmal sogar vegan – nehmen ihren gewohnten Raum ein. Pferde werden geritten, gestriegelt und gefüttert, Balzac gestreichelt und geknuddelt. Also alles beim Alten im malerischen Perigord.
Persönlich bin ich jetzt allerdings an einer Stelle, wo ich mich von Bruno verabschieden werde. Privat dreht er sich seit einigen Bänden nur noch im Kreis und auch die zehnte Zubereitung von Foie Gras macht mir nicht mehr den Mund wässig. Ich mag ihm einfach nicht mehr beim Zwiebeln schälen über die Schulter schauen.
Bitte nicht falsch verstehen, das ist meine ganz persönliche Empfindung. Was ich allerdings wirklich zu beanstanden habe, ist die fehlende Leichtigkeit in seinem Erzählstil. Sie ist da, sobald es um Brunos Privatleben geht. Sobald Walker aber seine Hintergrundrecherchen schildert, gerät er ins dozieren und wird langatmig. Das ist etwas, das ich bereits seit einigen Bänden zu bemängeln habe. Ich finde es sehr schade und lasse Bruno nur ungern ziehen. Aber ich behalte ihn ihm Auge, vielleicht wird’s ja noch was mit Isabelle, Pamela oder irgendeiner anderen Dame.
Da Martin Walker nicht nur Schriftsteller, sondern auch Historiker ist, profitieren wir wieder vom Hintergrundwissen des Autors beim 14.Fall von Bruno Chef de police. Sehr spannend auch die Beschreibung der Waldbrandbekämpfung. Und wie immer stellt sich großer Hunger und Durst ein beim Lesen der Kochgeschichten. Eine gute Geschichte! Leseempfehlung!
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