Ein idyllisches Bergdorf in Südtirol – doch die Zeiten sind hart. Die Leute werden vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina entscheidet sich für ihr Dorf, ihr Zuhause. Als die Faschisten ihr verbieten, als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich. Und als ein Energiekonzern für einen Stausee Felder und Häuser überfluten will, leistet sie Widerstand – mit Leib und Seele.
Ein Stück Südtiroler Geschichte - ein bewegender Roman
Bewertung am 13.09.2022
Bewertungsnummer: 1785594
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
In seinem dritten Buch »Ich bleibe hier« zeigt uns Marco Balzano sein Heimatland Italien wieder von einer ganz anderen Seite, zu einer ganz anderen Zeit. Und wieder hat er es geschafft, mich restlos zu begeistern.
Diesmal geht die Reise nach Südtirol. Wir begleiten Trina, eine junge Lehrerin, durch die 1920er bis in die Nachkriegszeit. Mussolini verbietet den Südtirolern, deutsch zu sprechen, auch für sie ist kein Platz mehr an der Schule. Heimlich unterrichtet sie weiterhin die Kinder aus dem Dorf. Den Menschen wird nahegelegt, das Land zu verlassen oder zu Bürgern zweiter Klasse zu werden. Aber Trina bleibt mit ihrem Mann »hier«. Genauer gesagt in Graun, einem kleinen Dorf im Vinschgau, dass es heute nicht mehr gibt. Erst waren es nur Gerüchte, dann rückten nach dem Krieg die Bagger an, um einen Stausee zu errichten. Felder und Häuser sollen überflutet werden, aber Trina und ihr Mann Erich leisten mit Leib und Seele Widerstand.
»Stattdessen waren Italienisch und Deutsch Mauern, die immer höher wurden. Die Sprachen waren zum Rassenmerkmal geworden. Die Diktatoren hatten sie in Waffen und Kriegserklärungen verwandelt.« S. 131
Der Kirchturm von Altgraun, der auf dem Cover zu sehen ist, ist heute ein Touristenmagnet. Balzano war 2014 zum ersten Mal an diesem Ort und hat sich dort für seinen Roman inspizieren lassen. Herausgekommen ist ein Zeitzeugnis, das von dem beschwerlichen und entbehrungsreichen Leben der Bewohner berichtet, die nicht nur gegen die Faschisten im eigenen Land oder die deutsche Besatzung kämpfen mussten, sondern auch um ihre Heimat. Inmitten dieser Wirren verfolgen wir Trinas Familie, die letztlich die Verlierer sind gegen einen großen Energiekonzern. So viel zu den geschichtlichen Hintergründen, die hier wiedergegeben werden.
Balzano hat sich dafür entschieden, Trina selbst zu Wort kommen zu lassen, indem sie die Geschichte ihrer Tochter erzählt. Allein das hat mich immer wieder sehr berührt, vor allem wenn man erfährt, was es mit ihrer Tochter auf sich hat. Doch nicht nur die fiktive Geschichte, auch die des gesamten Dorfes ist mir sehr nahe gegangen. Auch in meiner Heimat gab es in den 1980ern einen Ort, der einer Trinkwassertalsperre weichen musste. Nach diesem Buch kann ich die Menschen, die so etwas erleben mussten, ein Stück weit besser verstehen. Heimatlosigkeit, Vertreibung oder Entwurzelung ist wohl für die meisten Menschen ein lebenslanges Trauma.
Auch wenn die Zeit um den den Zweiten Weltkrieg düster und real geschildert wird, versteht es Balzano, uns mit seinem Schreibstil durch das Buch gleiten zu lassen. Immer wieder bangt und hofft man mit den Protagonisten, dass die Geschichte ein gutes Ende nehmen möge.
Balzano schreibt unverblümt und schnörkellos, bildhaft und ergreifend zugleich. Seine Charaktere sind so authentisch, dass man schon nach wenigen Seiten das Gefühl hat, sie zu kennen. Auch wenn sie die Geschichte traurig und düster anhört, Trina trotz immer wieder allen widrigen Lebensumständen, lässt sich nicht unterkriegen und verliert nie ihren Lebensmut.
„Die einzige Möglichkeit weiterzuleben ist vielleicht, sich zu verändern und nicht zu erstarren.“
Eine ganz große Leseempfehlung von mir. Wer den Autor noch nicht kennt, sollte es schleunigst nachholen.
"Ich bleibe hier" hat mich voll und ganz in seinen Bann gezogen. Die Landschaft mit den Leuten erstand vor meinem geistigen Auge, ich habe mit den einfachen Menschen mitgefühlt, denen ein Traum, ein Ziel nach dem anderen genommen worden ist. Am Ende fragte ich mich, "wozu das Ganze?"
das ist die Frage des Lebens, der dieses Buch wie selten ein anderes nachgeht.
Die glasklare, reine Sprache ist ein besonderer Leckerbissen.
Hitler, Mussolini, Faschismus, vertrieb viele Südtiroler, sie werden gezwungen ihre Heimat zu verlassen. Nach Deutschland. Die Geschichte des kleinen Ortes Grauen (heute Altgrauen) das so nicht mehr existiert. Ein Staudamm hat die Leute vertrieben. Häuser und Ackerland zerstört. Ein Kirchturm, der aus dem See ragt erinnert heute noch daran. Tolles Buch, die Leute kämpfen bis sie sich schließlich geschlagen geben. Sie verlieren ihre Heimat zum zweiten Mal. Bitte lesen.
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Ein Bergdorf in Südtirol, eine Zwangsumsiedlung, ein Bau eines Staudammes und die Geschichte der Leute vor Ort - Ein tolles Buch - sehr gut geschrieben und erzählt - basierend auf einer wahren Begebenheit. Besonders hat mir gefallen, die Ich-Erzählung. Real und Atmosphärisch.
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