Als Tagträumer hat es Viktor schwer im Kiew der Neureichen und der Mafia: Ohne Geld und ohne Freundin lebt er mit dem Pinguin Mischa und schreibt unvollendete Romane für die Schublade. Zum Überleben verfasst er für eine große Tageszeitung Nekrologe über Berühmtheiten, die allerdings noch gar nicht gestorben sind. Wie jeder Autor möchte Viktor seine Texte auch veröffentlicht sehen. Ein Wunsch, der beängstigend schnell in Erfüllung geht.
Viktor geht es mal gut, mal rutscht er in eine verzwickte Sache hinein, die ihn dann aber nicht wirklich interessiert. Er hat einen traurigen Pinguin als Haustier. Ein wirklich gutes Buch welches einen trotz seiner eher düsteren Grundstimmung, immer wieder schmunzeln lässt.
Fazit: Absolute Leseempfehlung meinerseits, 5 Sterne!
Viktor lebt mit seinem Pinguin Mischa allein. Als Schriftsteller hat er es nicht geschafft und verfasst statt des großen literarischen Durchbruchs Nekrologe auf Vorrat für eine bekannte Tageszeitung. Er bedauert, dass seine Werke bisher nicht veröffentlicht sind, weil die dazugehörigen Personen noch leben. Doch sein Wunsch nach Ruhm wird schneller Realität, als er denkt.
Andrej Kurkow hat mit „Picknick auf dem Eis“ einen skurrilen und kritischen Roman geschrieben, der dank des unaufgeregten Stils und dem tierischen Star ein bemerkenswertes Leseerlebnis ist.
Viktor lebt in Kiew und vertreibt sich als erfolgloser Schriftsteller seine Zeit. Er schreibt kurze Geschichten, die allesamt in der Schublade enden. Doch dann ist mit dem Job-Angebot einer Tageszeitung sein Unterhalt gesichert: Er schreibt Nekrologe bzw. Nachrufe auf bekannte Menschen, die noch nicht gestorben sind.
Seine Arbeit wird hochgelobt und er hat selbst Freude daran. Er fiebert einer ersten Veröffentlichung entgegen, die allerdings erst mit dem Tod eines Menschen möglich ist.
Das Leben nimmt seinen Lauf und somit kommt es zu Viktors Erstveröffentlichung, die ihm heimlichen Ruhm, mehr Arbeit und Verstrickungen mit der Mafia beschert.
Die Handlung ist ruhig, eher eintönig erzählt. Der Leser taucht in Viktors farblosen Alltag ein, der durch eine herausragende Besonderheit besticht: Mischa, ein Pinguin. Viktor hat sich einen Pinguin aus dem Zoo geholt, als die Tiere abgegeben wurden, weil deren Erhaltung der Institution zu teuer kam.
Auf diesem Grundgedanken baut meiner Meinung nach die gesamte Handlung auf. Ich habe es als kritischen Blick auf das ukrainische System verstanden. Als Seitenhieb auf einen Staat, der von Korruption durchzogen und von mafiösen Machenschaften getrieben wird. Tiere verhungern, Kranke bleiben unbehandelt, nichts geht mehr, außer man hat Devisen für Bestechung zur Hand.
Gleichzeitig sind die Menschen hilfsbereit, passen aufeinander auf, kümmern sich und achten darauf, dass dem Nächsten nichts Böses widerfährt.
Ich denke, dass ich viele Szenen und Anspielungen in diesem Roman nicht verstanden habe, weil mir tieferes Wissen zu den damaligen Zuständen in der postsowjetischen Ukraine fehlt. Die Geschichte ist ungefähr in den 1990er-Jahren angesiedelt, wobei sich System, Mafia und Politik seither vermutlich weiter entwickelt haben.
Den Erzählstil empfand ich als sehr besonders. Es hat sich angefühlt, als würde man via Kamera an Viktors Leben Anteil nehmen. Kurkow beschreibt banale Situationen und alltägliche Ereignisse. Anstatt der Handlung einzuheizen, legt er die Brisanz in das Offensichtliche, was seiner Figur Viktor erst spät bewusst wird. Ich hatte den Eindruck, dass Viktor wissentlich die Augen vor naheliegenden Zusammenhängen verschließt. Er konzentriert sich gleichmütig auf sein Leben, weil es sicherer erscheint. Sobald er gefährliche Gedanken und Vermutungen hegt, fokussiert er sich auf eine unerschütterliche naive Weltsicht, die seinen Blickwinkel gerade rückt, um nur nicht die Wahrheit zu sehen.
Trotz ernster Töne und skurril anmutender Kritik am postsowjetischen Kiew, verleiht Pinguin Mischa dem Geschehen herausragende Eleganz, in dem er einfach nur anwesend ist. Er ist eine Nebenfigur, die vom Rand in den Mittelpunkt watschelt, wo sie die volle Aufmerksamkeit ihrer Romanwelt und des Lesers erhält.
In die Symbolik des Pinguins lässt sich viel interpretieren, was ich grob andeuten und womit ich dem Autor nichts unterstellen will: Er ist ein Vogel, der nicht fliegen kann, was eventuell auf die Lebensumstände der Ukrainer anspielt. Gleichzeitig lebt er farblich gut getarnt in einer großen Gruppe, in der sich die Individuen gegenseitig wärmen, damit jeder selbst überlebt. Vielleicht schwingen diese oder andere Bedeutungen des Pinguins in Kurkows Erzählung mit. Oder Mischa ist einfach nur ein Pinguin, der in einer Wohnung in Kiew lebt.
Ich habe dieses Buch gerne gelesen und war fasziniert davon. Obwohl es ruhig, teilweise monoton, geschrieben ist, hat es mich zum Nachdenken gebracht. Für mich war es ein Blick in eine andere Welt, ein korruptes System und eine fremde Lebenswirklichkeit, die stark von würdevoller Bedürftigkeit und neureichem Gebaren getrieben ist.
Pinguin Mischa:
1) Picknick auf dem Eis
2) Pinguine frieren nicht
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