Meine letzte RezensionA Psalm for the Wild-Builtvon Becky Chambers
Ein Mönch und ein Roboter ziehen durch den Wald. Was wie der Beginn eines Witzes klingt, ist die Grundidee des neuen Romans von Becky Chambers. Als vor langer Zeit die Roboter ein eigenes Bewusstsein entwickelten, entschlossen sich die Menschen dazu, sie in die Freiheit und Selbstbestimmtheit zu entlassen und auf industrielle Produktion vollständig zu verzichten. Seitdem sind Jahrhunderte vergangen, in denen ein neues, grundlegend friedliches Gesellschaftssystem und ein bewussteres Leben mit und in der Natur entstand.
Im Mittelpunkt der zweiteiligen Romanreihe steht die non-binäre Hauptfigur Dex. Ihres Zeichens Teemönch und für das psychische wie emotionale Gleichgewicht der Menschen in verschiedenen kleinen Ortschaften und tief im Wald verstreuten Dörfern zuständig. Dort hält sie mit einer Art umgebauten Wohnwagen an und öffnete ihre Pforten für all diejenigen, die seelischen Beistand, ein Paar einfühlsam-kritische Ohren und die für diesen Moment exakt passende Tasse Tee benötigen. Dabei ist sich Dex selbst nicht wirklich sicher, wohin der eigene Lebensweg führen soll und was den Sinn eines erfüllt geführten Lebens ausmachen kann.
Doch dann tritt der Roboter Mosscap zwischen den Bäumen hervor und wird ein unvermuteter Wegbegleiter, der mit einer Mischung aus kindlicher Naivität, stoischer Ruhe und verblüffender Weisheit mit Fragen und Antworten aufwartet, mit der die Hauptfigur nicht gerechnet hätte. Seit dem Exodus aus den Fabriken ist dies das erste Aufeinandertreffen zwischen Mensch und Androiden, der von seiner Gemeinschaft mit der Aufgabe ausgeschickt wurde zu erkunden, was die Menschen mittlerweile eigentlich wollen – vom Leben, ihrer Umgebung, sich selbst.
„Ein Psalm für die wild Schweifenden“ liest sich gemütlich und inspirierend, ganz reduziert auf seinen selten mehr als zweiköpfigen Cast und deren philosophische Diskussionen, die mit einer bemerkenswerten Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang daherkommen und einen tatsächlich auch nach dem Lesen der letzten Zeilen dazu inspirieren, sich selbst mit eben jenen Fragen auseinander zu setzen.
Tee, tiefe Gespräche und hin und wieder ein Glühwürmchen zwischen den Tannen – was wünscht man sich eigentlich mehr?