Meine letzte RezensionRoter Hungervon Anne Applebaum
In den Jahren 1932 und 1933 kam es in der Sowjetunion zu einer katastrophalen Hungersnot, an deren Folgen mehr als drei Millionen Menschen starben. Unter dem Begriff Holodomor („Tötung durch Hunger“) in die Geschichtsbücher eingegangen, war dies eines der größten Verbrechen in der kommunistischen Sowjetunion: Nicht durch Missernten in Folge von Naturereignissen verursacht, sondern durch Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, der Entkulakisierung genannten Vernichtung des Bauernstands und schließlich dem vorsätzlich herbeigeführten, erzwungenen Aushungern der Ukraine durch Abriegelung des Landes, um die Fluch der Bauern in andere Regionen zu verhindern. All das geschah auf das Betreiben Josef Stalins, der in ständiger Sorge über eine widerspenstige und potenziell abtrünnige Ukraine war. Diese konnte der absoluten kommunistisch beherrschten, russisch dominierten Sowjetunion gefährlich werden. Neben der Ukraine kam es in diesen Jahren außerdem im Nordkaukasus, Kasachstan und dem Wolga-Gebiet zu katastrophalen Hungersnöten mit hunderttausenden Toten.
Die US-Journalistin und Autorin Anne Applebaum arbeiteten seit Jahrzehnten in den Ländern des ehemaligen Ostblocks. Vor dem Hintergrund des Krieges, der seit Februar 2022 in der Ukraine wütet, bringt dieses Buch aufschlussreiche historische Hintergrund-Informationen, allesamt mit ausführlichen Quellenangaben belegt.
Die Schilderungen von menschlichen Schicksalen, die durch Verhungern während des Holodomor zu Tode kamen, bewegen sehr und sind in ihrer horrrenden Opferzahlen erschütternd. Die dokumentierte Tatsache, dass dieses Massensterben auf Betreiben Josef Stalins durchaus beabsichtigt war, schockieren auch nach 90 Jahren in ihrer unglaublichen Bestialität, zumal gegenwärtig erneut zum Überleben ganzer Länder notwendige Getreidelieferungen zum Faustpfand im Ukraine-Krieg geworden sind.