Port Angeles, Trinidad. In den sonnendurchglühten Gassen mischt sich das vielstimmige Geschrei der Händler mit Vogelgezwitscher und Verkehrslärm; es riecht nach Gewürzen und reifen Früchten. Unter stillen, schattigen Bäumen ruht Fidelis, der jahrhundertealte Friedhof der Insel. Hier arbeitet Emmanuel als Totengräber. Der junge Rastafari hat sein Zuhause verlassen, um seinen Vater zu finden. Als er Yejide trifft, hat das Schicksal ihre Wege längst fest miteinander verflochten. Und so beginnt dort, wo das Leben endet, eine magische Liebesgeschichte.
Magischer Realismus und poetische Tiefe: Eine außergewöhnliche Reise zwischen Leben und Tod
Noelli am 18.09.2024
Bewertungsnummer: 2295588
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
"Als wir Vögel waren" von Ayanna Lloyd Banwo entführt uns in ein fiktives Trinidad, wo sich zwei scheinbar grundverschiedene Menschen auf einem Friedhof begegnen: Darwin, ein junger Mann, der in die Großstadt kommt, um als Totengräber zu arbeiten, und Yejide, die gerade ihre Mutter beerdigt. Was als einfache Begegnung beginnt, entwickelt sich zu einer Geschichte, die weit über eine Liebesgeschichte hinausgeht – sie verbindet Themen wie Verlust, Familiengeschichte, Mythologie und die enge Verflechtung von Leben und Tod.
Die Autorin erschafft eine dichte Atmosphäre, in der die Grenzen zwischen der realen und der spirituellen Welt fließend sind. Besonders beeindruckend ist die Verbindung von Trinidads Totenkult mit magischem Realismus. Banwo lässt den Leser tief in die Kultur und die Mythen Trinidads eintauchen, während sie uns gleichzeitig die harte Realität des Lebens auf einem Friedhof vor Augen führt. Diese Mischung aus rauer Realität und mystischen Elementen verleiht dem Buch eine einzigartige Tiefe.
Die Sprache des Buches ist poetisch, farbenfroh und bildhaft. Sie zieht den Leser mit ihrer lyrischen Kraft in eine exotische Welt voller lebendiger Bilder und tief verwurzelter Traditionen. Allerdings trägt genau diese bildgewaltige Sprache manchmal dazu bei, dass die Handlung in den Hintergrund tritt und sich etwas langsamer entfaltet. Wer jedoch Poesie und Mystik schätzt, wird in den Bann dieser Erzählung gezogen und die spirituellen Ebenen der Geschichte genießen.
Obwohl die Handlung an manchen Stellen etwas zäh wirkt, überwiegen die Stärken des Romans: Die atmosphärische Dichte, die tiefgründigen Charaktere und die ungewöhnliche Kombination aus einer Liebesgeschichte und einer spirituellen Reise machen „Als wir Vögel waren“ zu einer lohnenden Lektüre. Wer magischen Realismus, kulturelle Tiefe und emotionale Geschichten liebt, wird an diesem Roman seine Freude haben
Ayanna Lloyd Banwo hat mich mit ihrem Roman sehr überrascht, denn mit so viel Mystik, Tod und Totenkult hatte ich nicht gerechnet. Und so war es anfangs für mich eine ungewohnte Herausforderung den zwei Handlungssträngen zu folgen, zu verstehen was Traum und Wirklichkeit ist und welche Kraft der Liebe ausgerechnet diese Grenzen überwindet. Bei Yejide sind es eher die Träume, die sie in Zukunft und Vergangenheit blicken lassen, mit ihren Vorfahren verbindet und ihr Schicksal offenbart. Bei Darwin ist es eher eine Art Gewissen, die Worte der Mutter im Nacken und das Abbild einer Frau, die ihm plötzlich auf dem Weg des Friedhofs erscheint und ihn seit dem nicht mehr loslässt. Gerade diese Erscheinungen flicht die Geschichte dieser beiden Außenseiter*innen zusammen, verbindet die ganz unterschiedlichen Lebensläufe zu einem, etwas mythisch, mystisch und irgendwie auch sehr um sich greifend. Ich habe lange gebraucht um hineinzufinden und mochte dann gerade die poetische, liebevolle Seite zwischen Tod und Leben unheimlich gern. "Als wir Vögel waren" ist eine ganz besondere Geschichte, deren Flügel sich erst irgendwo zwischendrin entwickeln und nach der letzten Seite die Leser*innen gedanklich noch lange durch Trinidad und über die Tore von Fidelis in Richtung Lebendigkeit tragen.
"Wenn die letzte Feder verschwunden und dein Frauenkörper ausgewachsen ist, denk dran, dass du im Innern ein Vogel bleibst. Du hast das Fliegen nicht vergessen. Denn was ist mehr Frau, als den Tod und das Leben, Himmel und Erde gleichzeitig in sich zu bergen, zu fliegen und zugleich an die Erde gebunden zu sein?"
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