Er kann nicht mehr schlafen, muss immerzu gehen: abends, nachts, immer länger, immer weiter. August Kreutzer sucht Erlebnisse, sammelt Bilder und die dahinter verborgenen Geschichten - in heruntergekommenen Ladenzeilen, in Eckkneipen, auf Friedhöfen und auf dem Weg zur riesigen Mall, wo er arbeitet. Dort, in einer künstlichen Welt ohne schlechtes Wetter, kreiert er Einkaufserlebnisse. Ruhe findet er nur bei Manja, der Crêpe-Verkäuferin, die ihm Süßes serviert und Geschichten aus ihrem Leben. So vergeht der Sommer zwischen immer längeren Streunereien und der zehrenden Routine des Tags, in bleierner Müdigkeit, die zugleich die Sinne schärft: August sieht sich verfolgt von einem Doppelgänger, der unter seinem Namen obszöne Einträge im Internet verbreitet; und er wird sich selbst verdächtig. Zwischen Tag und Traum, Stadtrand und Hochglanzvierteln entspinnt sich ein heutiges Leben, das vibriert vor vergangenen und verborgenen Möglichkeiten. «Wach» zeichnet ein Bild unserer Zeit, vielfarbig, klar und fein durchzogen von den Fäden viel älterer Geschichten.
«Die neue Entdeckung der Langsamkeit: Der Berliner Schriftsteller Albrecht Selge legt mit
>«Albrecht Selges Debüt
>«Unbedingt lesenswert.» DIE ZEIT
«Ein bemerkenswertes Debüt.» NEON
Albrecht Selge, geboren 1975 in Heidelberg, studierte Germanistik und Philosophie in Berlin und Wien. Sein begeistert aufgenommenes Debüt «Wach» (2011) wurde für den Alfred-Döblin-Preis nominiert und mit dem Klaus-Michael-Kühne-Preis des Harbour Front Literaturfestivals Hamburg ausgezeichnet. Zuletzt erschienen die vielgelobten Romane «Fliegen» und «Beethovn». Albrecht Selge, der familiäre Verbindungen nach Südtirol hat, lebt als freier Autor mit seiner Familie in Berlin.
Ein durchaus auch philosophischer Rundgang durch Berlin
Thomas Fritzenwallner aus Wiener Neustadt am 20.07.2011
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Albrecht Selge schickt den Protagonisten seines soeben erschienenen ersten Romans auf endlose Fußmärsche durch Berlin. Dabei ist sein Romanheld keinesfalls auf touristische Sehenswürdigkeiten aus. August Kreuzter ist vielmehr ein absichtsloser Flaneur, der scheinbar ziellos, aber durchaus mit dem Blick fürs Detail durch die Straßen Berlins streift und sich dabei dem Zufall von Zeit und Ort überlässt.
Seine Tage verbringt der sechsunddreißigjährige Junior Manager einer Shopping-Mall damit, im künstlich erleuchteten Lustschlösschen-Center, Einkaufserlebnisse für Kunden zu erfinden. Tauchen Sie ein in die Marzipan Welt, schwärmt er in seinem Kunden-Newsletter, den er Monat für Monat schreiben muss und in dem er von zuckersüßen Multibeeren aus der Region bis zum extra geräumigen Planschbecken alles anpreist, was sich nur irgendwie verkaufen lässt.
Wir erzählen eine große Story, ein Epos von Ohnmacht und Macht, Von Pleitegeiern und himmlischen Heerscharen, von Untergang und Auferstehung, erklärt es Augusts Chef Xerxes, der in diesem anspielungsreichen Roman nicht zufällig den Namen des bauwütigen Pharaonen trägt. Adressaten dieser Legende aus Glas und Plastikpalmen sind Rentnerinnen, die mit Eisbechern auf der Galerie im Panorama-Café sitzen, Schulschwänzerinnen, die Rolltreppen hinauf- und hinabfahren, und Kinderwagen schiebende Hausfrauen. Die Mall am Mittag eines Werktags ist eine Welt in Schieflage, sinniert August, wie die männerlose Welt nach einem großen Krieg. Der grellen Tagwelt des Lustschlösschen-Centers aus Sportstudio, Erlebnisbad und Multiplex stehen Augusts einsame Nächte gegenüber.
Der junge Mann, der sich erst mit Ritalin aufputscht, um dann zur Beruhigung Baldriantropfen zu nehmen, kann nicht mehr schlafen. Seine Freundin Susanne ist auf unbestimmte Zeit nach London entschwunden, und wenn er nicht gerade zu Hause Musik von Richard Strauss oder Bach auflegt, zieht es ihn hinaus in die Stadt, in der er sich berauscht an fremden Erlebnissen, Bildern und Geschichten. August schleicht durch Treppenhäuser und schaut in Briefkastenschlitze, er streunt über Friedhöfe, Spielplätze und untersucht Klingelschilder, ihn fesseln Orte, an denen sich die Zeiten ineinanderschieben: die Designerboutique, die einmal ein Kramladen war, das leerstehende Geschäft, das noch den Namenszug Bäckerei erkennen lässt, der Supermarkt, der einmal ein Kino gewesen sein muss. Jeder dieser Orte birgt eine Welt für sich.
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